Auf ein Wort mit dem Neuen – der Dirigent des Sinfonischen Blasorchesters Germering e. V. stellt sich vor

Rick Peperkamp (28) ist der neue musikalische Leiter des Sinfonischen Blasorchesters Germering e. V. Der gebürtige Niederländer und Wahlmünchner hat sinfonische Blasmusik im Blut und freut sich darauf, dem Orchester viel Neues beibringen zu können. Er studierte Posaune an der Folkwang Universität der Künste in Essen und Dirigieren an der Hochschule der Künste Bern und spielte in hochrangigen europäischen Orchestern wie der Russischen Kammerphilharmonie St. Petersburg und der Philharmonie Salzburg. Als Komponist und zertifizierter Dirigent unterschiedlicher Orchester wie der Musikgesellschaft Koppigen, des Musikvereins Grafrath-Kottgeisering e. V. und jetzt auch dem SBO Germering e. V. begeistert er neue und erfahrene Musiker mit seinem einzigartigen Stil.

Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit und das erste gemeinsame Jahreskonzert am 15. April 2018 in der Stadthalle Germering!

 

Wie und wo hat deine musikalische Karriere begonnen, stammst du aus einer musikalischen Familie?

Ich habe mit acht Jahren angefangen, Posaune zu spielen. Nach der Realschule ging ich zunächst auf eine weiterbildende Schule mit Schwerpunkt Medien, Film und Fotografie. Bei einem Konzert in Köln sprach mich David King, ein berühmter Trompeter, an und ermutigte mich, die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule in Essen abzulegen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich als Laienmusiker nie mit einem Musikstudium auseinandergesetzt. Ein halbes Jahr später begann ich mein Studium der Posaune in Essen.

Mein Vater ist Trompeter und Dirigent. Mein Großvater war Tenor und hat fast 20 Jahre lang im 150-köpfigen Königlichen Männerchor Mastreechter Staar gesungen und ist so um die ganze Welt geflogen. Meine Mutter ist Altenpflegerin und kann höchstens Triangel spielen (lacht).

Du hast dann irgendwann die Posaune in eine Ecke gelegt und mit dem Dirigieren begonnen. Was hat dich daran mehr gereizt, vor dem Orchester zu stehen als mittendrin zu sein?

Als Posaunist sitzt man ganz hinten im Orchester. Der Überblick vom Dirigierpult aus ist das komplette Gegenteil. Außerdem liebe ich es, Musik zu erklären – das Ausgleichen, Verfeinern, Entwickeln von Klangfarbe. Ich persönlich kann durch das Dirigieren viel mehr erreichen. Ich habe 60 Musiker vor mir und muss das alles untereinander bekommen statt selber im Orchester zu sitzen und nur meine eigene Stimme zu spielen. Man kennt das Repertoire und hat es geübt. Aber das bist nur du. Die Kraft des Dirigenten dagegen ist es, Zusammenarbeit und Harmonie zu erzeugen. Meine Erfahrungen weitergeben und meine Vorstellungen und Visionen realisieren – das ist es, was mir liegt.

Was ist für dich das Besondere an sinfonischer Blasmusik?

In den Niederlanden hat die sinfonische Blasmusik eine Tradition, die fast 200 Jahre alt ist. Es ist üblich, dass ein Dorf, vor allem in der Gegend um Limburg in den Süd-Niederlanden, mit 2000 Einwohnern ein sinfonisches Blasorchester mit 70 – 80 Musikern hat. Für uns war das, was für die Deutschen Fußballvereine sind, das sinfonische Blasorchester. Mehrere intensive Proben pro Woche waren ganz normal. Ich kann mir gar nichts anderes vorstellen, als sinfonische Blasmusik zu machen. Die im Vergleich kleinere Besetzung einer traditionellen Kapelle wird vervollständigt durch Instrumente wie Oboe, Englischhorn und Fagott, aber auch Harfe und Kontrabass oder Cello. Der insgesamt weiche, runde und weniger direkte Klang der sinfonischen Blasmusik ist das, was mich motiviert.

Welche niederländischen Eigenarten willst du dem Orchester noch näherbringen?

Gibt es so etwas wie niederländische Eigenarten überhaupt? Auf jeden Fall sehen wir alles als eine positive Herausforderung. Musik machen ist für uns wie ein Sport. Wir wollen intensiv proben und etwas erreichen und arbeiten deswegen stark an der Technik. Wir wollen uns präsentieren, auch auf Wettbewerben, wo es regionale und nationale Konkurrenz gibt.  Ein absoluter Höhepunkt für die besten Orchester ist zum Beispiel der WMC (World Music Contest) in Kerkrade, der alle 4 Jahre stattfindet. Wir geben immer unser Bestes, um unsere Ziele zu erreichen.

Wie war der erste Eindruck des Orchesters beim Probedirigat? Wie würdest du das Orchester als Klangkörper beschreiben?

Als erstes fiel mir das große Potential auf. Das Orchester hat eine sehr schöne Klangfarbe, die wir noch weiterentwickeln werden. Technisch gibt es noch Schwankungen, aber auch daran werden wir arbeiten. Es gibt in dieser Region wenige Orchester, die auf einem so hohen Niveau spielen. Das SBO Germering e. V. hebt sich dadurch und natürlich durch den Musikstil sehr von den traditionellen Kapellen ab.

Wo möchtest du zunächst in deiner Orchesterarbeit ansetzen?

Erstmal möchte ich Stabilität herstellen. Durch Forderung der Guten und Förderung der Schwächeren wird ein ganz neues Selbstbewusstsein im Orchester einkehren. Wir haben ein vielfältiges Programm vor uns – nach dem Jahreskonzert am 15. April 2018 wartet die Konzertreise nach Finnland auf uns, ebenso wie die Aufführungen von Peter und der Wolf. Sobald die Stücke an sich stehen werden wir noch mehr an Klangfarbe und Technik arbeiten. Dann können wir uns auch vielleicht schon bald in nationalen und internationalen Wettbewerben präsentieren.

Neben dem Musik Spielen und Musiker Leiten bist du auch als Komponist tätig. Wie ist es dazu gekommen?

Das war spontan. Mit 11 Jahren habe ich angefangen mit dem Musikprogramm Encore zu arbeiten. Ich hatte meinem Vater zugesehen, wie er für Blechbläserensemble arrangiert hat und habe dann an meinem eigenen Computer ganz einfache Melodien geschrieben. Natürlich für die Posaune. Dazu kam dann eine einfache Basslinie. Schnell habe ich auch mehrstimmig geschrieben. Als ich zu Weihnachten ein Keyboard bekam, habe ich das Komponieren schnell weiterentwickelt. Ernsthaft Musik geschrieben habe ich aber tatsächlich erst im Studium.

Mit welcher Persönlichkeit würdest du gerne mal einen Kaffee trinken gehen?

Das sind zu viele! Vielleicht nenne ich hier mal meine Top 4:

Die Person auf Platz vier ist leider schon gestorben – Miles Davis, der wohl beste Jazz-Trompeter aller Zeiten. Er hat dem Jazz etwas ganz Neues gebracht und zwar lockere, freie Interpretation.

Platz 3 belegt eine Person, die leider auch schon gestorben ist. Der legendäre Dirigent, Komponist und Pianist Leonard Bernstein. Er hat unglaublich viel für die Musik getan, vor allen in Amerika, wodurch die amerikanische Musikszene auf ein besseres Niveau gehoben wurde. Durch seine Art der Kunst und Interpretation hat er sehr viele neue Generationen inspiriert.

Als zweiten Platz muss ich in der heutigen Zeit eure Bundeskanzlerin Angela Merkel nennen.
Ich habe als Niederländer nicht viel in Deutschland zu meckern, aber ich träume davon, sie mal kennenzulernen, damit ich sie drauf hinweisen kann, dass sie vielleicht unserer heutigen Kunst und Kultur noch ein bisschen mehr Augenmerk schenken soll. Man merkt, dass es abwärts geht im allgemeine Musikbereich und das soll doch nicht so sein, oder?

Die Persönlichkeit, mit der ich am liebsten mal einen Kaffee trinken gehen würde, ist John Williams – einer der berühmtesten Filmmusikkomponisten, viele sagen sogar der Beste. Durch die Zeit, in der er lebt und in der er so viele prägende Ereignisse wie Kriege und die Finanzkrise miterlebt hat, könnte ich sicher nicht nur musikalisch vieles von ihm lernen. Auch über das Musikalische und zu seiner Art zu komponieren habe ich viele Fragen – er schreibt sehr technisch für Orchester und trotzdem gleichzeitig so lyrisch. Er erzählt Geschichten mit seiner Musik. Star Wars, Indiana Jones, E.T, Der weiße Hai, Harry Potter und so viele mehr sind einfach fabelhaft und unglaublich gut. Wie er orchestriert inspiriert mich sehr.

Was hörst du für Musik in deiner Freizeit?

Eigentlich fast nur Jazz. Ich liebe ruhige Background-Lounge-Musik. Ich sitze gerne auf dem Sofa, schließe die Augen oder lese ein Buch und höre nebenbei Jazz-Radio. Auch während des Kochens – ich koche nicht gut, aber gerne und entspanne dabei, während ich Jazz höre und ein bisschen mitsinge.

Was wärst du geworden, wenn du nicht Musiker geworden wärst?

Das kann ich gar nicht sagen. Bevor ich auf der Medienschule war, habe ich eine Ausbildung im Bereich der Sozialpädagogik gemacht. Das war aber nicht mein Ding, so viel Geduld habe ich nicht immer. Somit war es ein glücklicher Zufall, dass ich als Freiberufler zur Musik gekommen bin. Ich bin sehr dankbar, dass ich dirigieren darf, und nebenbei auch noch in verschiedenen Orchestern spiele. Ich unterrichte mittlerweile auch, das macht mir auch sehr viel Spaß. Interessieren würde mich alternativ zum Beispiel ein Job bei einer Versicherung, klassische Büroarbeit.

Vielen Dank an Rick Peperkamp für das Interview und die spannenden Einblicke.

Interview und Text: Kerstin Gottschling

Germering, 10.02.2018